<br /> Regisseur Paul Verhoeven: "Nichts auf der Welt ist heilig" (2024)

<br />Regisseur Paul Verhoeven: "Nichts auf der Welt ist heilig" (1)

© Peter M. Mayr

Paul Verhoeven beim Interview im Wiener Grand Hotel

Paul Verhoeven beim Interview im Wiener Grand Hotel

Kultur

Skandalregisseur Paul Verhoeven über Tabus, Entertainment, Hollywood, Kopfschmerzen und Isabelle Hupperts Kontrollzwänge.

<br />Regisseur Paul Verhoeven: "Nichts auf der Welt ist heilig" (2)

Von Stefan Grissemann

16.02.17

Mit einem Hammer geht die Frau zu Bett, für den Fall der nächtlichen Rückkehr ihres Aggressors. Ihr Gesicht weist Schrammen und Abschürfungen auf. Eine wohlhabende Dame mittleren Alters, die in ihrer Villa regelmäßig von einem maskierten Vergewaltiger heimgesucht wird, steht im Zentrum von "Elle“, der jüngsten Kino-Provokation des einschlägig bekannten Regisseurs Paul Verhoeven ("Basic Instinct“; "Showgirls“, "Starship Troopers“). Die Heldin, gespielt von Isabelle Huppert, reagiert auf die Gewalt eher kühl, an Polizei denkt sie nicht einmal. Als sie ihren konsternierten Freunden bei einem Dinner davon berichtet, übrigens vergewaltigt worden zu sein, wird der Kellner gebeten, mit dem Öffnen des Champagners noch zu warten.

Die Heiterkeit müsste sich angesichts dieses Sujets eigentlich in Grenzen halten, aber Verhoeven legt seinen Film sehr offensiv als Schock-Comedy an. Die Obszönität der Form korrespondiert mit der Perversion des Milieus: Die psychisch schwer angeschlagenen Menschen dieses Films sind Vertreter des Großbürgertums. Mit ihnen analysiert Verhoeven die schmale Grenze zwischen Opfer und Täter, aber auch die soziale Rolle der Gewalt. Die bedrängte und traumatisierte Protagonistin ist nicht nur selbst sehr wehrhaft, sondern auch Chefin eines Unternehmens, das sadistisch-misogyne Videospiele herstellt. Ihr Umgang mit dem Täter wird zur Machtfrage, die Angegriffene dreht den Spieß um: Sie will den Angreifer nicht nur enttarnen, sondern gern auch längerfristig an sich binden.

Man muss diese im vorweihnachtlichen Paris angesiedelte Story, die der Romancier Philippe Djian erdacht und Regisseur Paul Verhoeven für das Kino adaptiert hat, nicht mögen, um respektieren zu können, wie singulär dieser Thriller-Comedy-Hybrid (Österreich-Kinostart: 24.2.) im flauen Gegenwartskino wirkt. Nur der - einen konventionellen Thriller andeutende - Trailer zum Film führt in die Irre.

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profil: "Elle“, Ihr jüngster Film, hat einen eher beunruhigenden Humor.Paul Verhoeven: Na hoffentlich.

profil: Warum bewerben Sie ihn dann wie einen durchschnittlichen Thriller?Verhoeven: Diese französischen Trailer sind maximal 90 Sekunden lang. Hätten wir versucht, "Elle“ korrekt zu repräsentieren, wäre der Clip völlig unverständlich geblieben. Früher waren Trailer drei, vier Minuten lang. Da konnte man komplexer arbeiten, auf viele Aspekte eines Werks anspielen. In 90 Sekunden kann man nur noch mitteilen: So ist dieser Film - und aus!

profil: Sie legen doch ohnehin gern falsche Spuren.Verhoeven: Der Thriller ist Teil des Spiels in "Elle“. Man erwartet, dass der Film sich in ein Rachedrama verwandelt, aber das geschieht nicht. Das war auch das Hauptproblem, als wir versuchten, den Stoff in Hollywood zu realisieren. Er widersetzt sich den klassischen amerikanischen Erzähltraditionen. Niemand in den USA wollte uns das nötige Geld anvertrauen.

profil: Sie hatten angeblich auch Probleme, eine Hauptdarstellerin für diese Geschichte zu finden.Verhoeven: Allerdings. Wir ernteten ein klares Nein von jeder Schauspielerin, die wir angefragt hatten.

profil: Wagt sich in Hollywood niemand mehr an kontroverse Stoffe?Verhoeven: Es ist seltsam: Große Schauspielerinnen beklagen lautstark, dass sich im Gegenwartskino kaum gute Frauenrollen fänden, aber wenn es dann einen spektakulären Part zu spielen gibt, eine dominante, spannende Figur, sagen alle ab!

profil: Weil sie Angst haben?Verhoeven: Sie selbst oder ihre Manager und Agenten fürchten offenbar, dass eine solche Rolle der Karriere schaden könnte. Und das stimmt ja auch!

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In niederländisch gebrochenem Englisch erklärt Paul Verhoeven, der auf Einladung des Österreichischen Filmmuseums vor einigen Monaten Wien besuchte, im profil-Interview seine Arbeit, angriffslustig blitzen seine Augen. Man merkt, dass er kritische Debatten gewohnt ist, sogar genießt. Vielleicht wirkt er auch deshalb deutlich jünger, als die Tatsache, dass er im Sommer des nächsten Jahres 80 werden wird, vermuten ließe. Extrem leidenschaftlich, mit fast kindlicher Freude führt er sein Kunstverständnis aus.

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profil: Sexuelle Gewalt ist in Ihrem Werk nicht selten. Geben Sie doch zu, dass Sie es mögen, Ihr Publikum zu verstören.Verhoeven: Nein, es ist anders: Wenn es zu Kontroversen kommt, ziehe ich nicht zurück. Mir ist es beim Drehen herzlich egal, ob etwas als provokant aufgefasst werden könnte. Ich weiß nicht einmal, was an "Basic Instinct“ so besonders brisant gewesen sein soll. Der Blick unter den Rock von Sharon Stone? Kontroversen sucht man nicht; sie mögen im Material stecken, das man verfilmt. Aber ich weigere mich, eine Geschichte nur deshalb abzulehnen, weil irgendjemand sich von ihr provoziert fühlen könnte.

Nichts auf der Welt ist heilig - auch der Holocaust nicht. Es gibt ihn, er hat sich ereignet. Wer ihn leugnet, ist ein Idiot. Aber das macht den Holocaust nicht unantastbar. Alles, was es gibt, darf auch diskutiert werden.

profil: Sie sagten über Ihren Science-Fiction-Film "Starship Troopers“, dass Sie damit auch das Drehbuch kritisieren wollten, das auf Robert A. Heinleins faschistoidem Roman beruhte.Verhoeven: Faschismus existiert. Und in "Starship Troopers“ gibt es Verweise auf die Ästhetik Leni Riefenstahls. Ich benutzte das, aber auf warnende Weise. Ich zeigte ein faschistisches Utopia, mit dem die Menschen sehr zufrieden sind. Es ist doch langweilig, Faschismus zu kritisieren. Im wirklichen Leben muss man das tun, aber nicht im Kino.

profil: Das Problematische an "Starship Troopers“ lag auch darin, dass Sie auf Basis Ihrer Totalitarismuskritik Unterhaltung produzierten. Ist das Thema nicht zu wichtig, um sich darüber lustig zu machen?Verhoeven: Nichts auf der Welt ist heilig - auch der Holocaust nicht. Es gibt ihn, er hat sich ereignet. Wer ihn leugnet, ist ein Idiot. Aber das macht den Holocaust nicht unantastbar. Alles, was es gibt, darf auch diskutiert werden. Und was heißt denn schon Unterhaltung? Dass es eine Erzählung gibt? Dass man Menschen dafür interessiert? Shakespeare hat Unterhaltung gemacht. Kunst setzt Regeln voraus, mit denen man das Publikum bei der Stange hält. Sie nennen das Unterhaltung, ich nenne es die Grundregel, um Kunst herzustellen. Natürlich genügt es nicht, nur zu unterhalten; wenn da sonst nichts ist, hat man auch ein Problem. Aber in diese Falle bin ich nie gegangen. Meine Filme handeln ja von etwas.

profil: Sie wirken bisweilen geradezu frivol in ihrer Unterhaltungslust. Ihre Filme sind offensiv, in wilder Bewegung, wollen amüsieren. Die Schwere der Kunst ist Ihnen eher fern, oder?Verhoeven: Mozart war auch nicht schwer, Strawinsky, mein Lieblingskomponist, war es nicht. Die Schönheit seiner Arbeit, meinte er einmal, entspringe der Musik selbst, nicht irgendeiner "Bedeutung“, keiner Intention, nur der Form der Komposition an sich. Es geht nicht um gute Absichten oder Botschaften. Die sollten der Kunst besser fernbleiben.

profil: Sie wollen auch etwas vermitteln. Wenn Sie faschistische Utopien oder bürgerliche Moralvorstellungen kritisieren, haben Sie durchaus eine Botschaft.Verhoeven: Aber selbst "Starship Troopers“ hat keine didaktische Form. Ich belehre meine Zuschauer nicht. Ich lege durch die Konstruktion meines Films lustvoll die Wurzeln des amerikanischen Faschismus offen. Das ist weniger eine Botschaft als eine Beobachtung. In der Kunst werden keine Mitteilungen gemacht. Hätte "Hamlet“ eine Botschaft, müsste man nicht erst dieses ganze Brimborium veranstalten. Kunst handelt mit Unsagbarem. Was ein Gemälde mitzuteilen hat, lässt sich nicht in Worte fassen. Sonst wäre das Werk selbst überflüssig.

profil: Darum sind auch Ihre Filme so ambivalent?Verhoeven: Ja, typisch postmodern eben.

profil: Sie halten sich für einen postmodernen Künstler?Verhoeven: Wer wäre das nicht?

profil: Sie starteten Ihre Karriere doch schon vor der großen Zeit der Postmoderne.Verhoeven: Mag sein, aber "Total Recall“ war ein absolut postmoderner Film über multiple Realitäten. Die Mehrdeutigkeit meiner Werke entspringt schon der Idee, dass es nicht nur eine Wirklichkeit gibt.

profil: Auch angesichts Ihres neuen Films kann man nie sicher sein, was Sie eigentlich von einem wollen.Verhoeven: In "Elle“ ist alles unklar: Wofür stehen diese Figuren? Und warum sind ihre Reaktionen oft so unbegreiflich? Aber diese Fragen betreffen auch das Leben selbst. Ich nehme Menschen auf der Straße wahr, aber woher kommen sie? Was hat der Typ dort in der Hand? Was will er? Ich sehe sein Gesicht, aber nicht in sein Inneres. Die sogenannte Wirklichkeit entgeht mir. Ich verstehe ja nicht einmal Insekten! Ich sehe sie durchs Gras kriechen, aber was sie antreibt, ist mir schleierhaft. Es existieren unzählige Welten in- und nebeneinander.

profil: Wie kamen Sie mit dieser Weltsicht eigentlich so lange in Hollywood durch?Verhoeven: Ich zog 1985 dorthin, stieß auf offene Menschen, die interessante Filme machen wollten. Mike Medavoy, Mario Kassar, Jon Davison legten es darauf an, Werke zu produzieren, die eine Existenzberechtigung hatten. Das ist leider verschwunden.

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Verhoeven lebt immer noch in Los Angeles, an der Hauptschlagader des kommerziellen Kinos. Er ist zwar immer noch holländischer Staatsbürger, aber sein Lebensmittelpunkt bleibt Hollywood - auch weil seine Frau Martine, die er 1985 dorthin "verschleppt“ hatte, wie er selbst sagt, einen spannenden Job in Los Angeles fand. Inzwischen dreht er seine Filme dennoch in Europa, wo man seinen abwegigen Ideen tendenziell aufgeschlossener begegnet.

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profil: War es nicht ein Albtraum, in der US-Filmindustrie um exzentrische Projekte zu kämpfen?Verhoeven: "Total Recall“ schwirrte zehn Jahre lang als Idee durch die Hollywood-Studios, mögliche Regisseure, Produzenten und Schauspieler kamen und gingen. Durch einen Zufall erregte das Drehbuch Arnold Schwarzeneggers Interesse, aber es dauerte, bis sich eine Konstellation fand, unter der dieser Film entstehen konnte. Dabei wollten ihn von Anfang an alle machen. Ich war nicht der Einzige, der sah, dass das ein großartiger Film werden könnte. Hollywood um 1990 war ein fruchtbares Milieu. Aber "Basic Instinct“ war zwei Jahre später schon ein Fall von Hysterie: Das Erstangebot für Joe Eszterhas’ Drehbuch lag bei 300.000 Dollar, dann überboten sich die Studios gegenseitig. Am Ende legte Mario Kassar dafür drei Millionen hin. Er fragte mich, ob ich den Stoff inszenieren wolle - Michael Douglas werde die Hauptrolle spielen. Ich konnte nicht einmal den Darsteller wählen. Er war schon im Paket dabei.

profil: Sie hatten danach vor, sowohl mit Michael Douglas als auch mit Arnold Schwarzenegger weitere Filme zu drehen.Verhoeven: Klar. Obwohl Arnold natürlich, anders als Michael, kein richtiger Schauspieler ist. Aber sein Charisma ist enorm. Arnold ist fantastisch.

profil: Hatten Sie mit Filmstars nie Probleme?Verhoeven: Nicht mit Arnold!

profil: Wie ist das mit einer so immens kontrollierten Schauspielerin wie Isabelle Huppert?Verhoeven: Mir gegenüber war sie stets kooperativ - aber den Leuten, die für Kostüm, Make-up und Licht zuständig waren, konnte sie Dampf machen. Privat hält sich ihr Interesse an Kleidung in Grenzen, in ihren Rollen jedoch muss diese so exakt stimmen, wie sie sich das vorgestellt hat. Ein Knopf, der am Vortag gebilligt wurde, kann am nächsten Tag schon Grund für eine Intervention in der Kostümabteilung sein.

profil: Haben Sie nichts gegen Allüren dieser Art?Verhoeven: Ich habe mich dazu entschieden, sie gar nicht erst zu bemerken. Isabelle ist möglicherweise die talentierteste Person, mit der ich je gearbeitet habe - wenn sie die Farbe ihres Kostüms für falsch hält, werde ich das nicht kommentieren. Sie weiß, was sie tut. Und wir arbeiteten in absolutem Einklang, auch an den Vergewaltigungsszenen. Aber sie kann fordernd werden, wenn sie das Gefühl hat, das Licht oder die Requisiten seien nicht perfekt gesetzt.

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Bei den soeben gestarteten Filmfestspielen in Berlin fungiert Paul Verhoeven als Präsident der Internationalen Jury, der unter anderem die Schauspielerinnen Maggie Gyllenhaal und Julia Jentsch sowie der Künstler Ólafur Elíasson angehören. Verhoeven wird dabei auch Josef Haders Wettbewerbsbeitrag "Wilde Maus“ zu begutachten haben. Verhoevens Vorsitz lässt auf mutige Entscheidungen hoffen. Denn es gibt nicht viel an filmisch Darstellbarem, wovor dieser Regisseur zurückschrecken würde.

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profil: Sie hatten oft Probleme mit der Zensur.Verhoeven: Ja, bei "Basic Instinct“ hatten wir enorme Kämpfe mit der gay community in San Francisco.

profil: Wegen der mörderischen Lesbe, die da auftritt?Verhoeven: Klar. Wir hatten vor den Dreharbeiten groß angelegte Treffen mit Stadtpolitikern und Aktivisten aus der schwul-lesbischen Szene, um den Film zu debattieren. Sie wollten ins Drehbuch eingreifen, meinten, ich könne die Mörderin nicht so darstellen: Damit würde ich sagen, dass alle Lesben Killer seien.

Ich hatte mit 17 das letzte Mal Französisch gesprochen. Ich dachte: Mein Gott, werde ich den Film drehen können mit all diesen Franzosen? Paris war mir fremd.

profil: Wie reagierten Sie? Wütend oder vernünftig?Verhoeven: Möglichst ruhig. Ich lud dazu ein, sich meine anderen Filme anzusehen, auch um zeigen, wie ich mit Homosexualität umging. Aber das interessierte niemanden. Sie bestanden auf Drehbuchänderungen. Das war vor allem deshalb so problematisch, weil wir auch Joe Eszterhas, den Autor, dabeihatten. Er schien die Gegenseite völlig zu verstehen. Ich weiß noch, dass er mehrmals sagte: "Ich fühle euren Schmerz.“ Und er änderte sein Buch tatsächlich, schrieb 20 neue Seiten. Aber mein Produzent und ich beschlossen einfach, das Originaldrehbuch, das perfekt war, zu realisieren. Joe gab später übrigens zu, dass wir damit ganz recht hatten.

profil: Apropos Schmerz: Sie wurden, ehe Sie "Elle“ inszenierten, monatelang von intensiven Kopfschmerzen gequält. Hatten Sie Angst vor dem Film?Verhoeven: Nein, nur vor der Sprache und der Kultur. Ich hatte mit 17 das letzte Mal Französisch gesprochen. Ich dachte: Mein Gott, werde ich den Film drehen können mit all diesen Franzosen? Paris war mir fremd. Ich fühlte mich derart überwältigt von Unsicherheit und Ignoranz, dass ich diesen alarmierenden Schmerz entwickelte. Drei Ärzte rückten mir mit Kameras und Scannern zu Leibe, fanden nichts.

profil: Der Schmerz war psychosomatisch?Verhoeven: Am Ende teilte mir mein Internist mit, dass organisch nichts zu finden sei - ich solle einfach Aspirin nehmen. Bis ich bemerkte, dass der Schmerz, je näher der Dreh rückte, verschwand. Das Inszenieren selbst war dann die reine Freude. Alle hatten ihren Spaß, fanden das Projekt zwar seltsam, auch politisch nicht ganz korrekt, aber sehr lustvoll. Natürlich lag das auch daran, dass man in Frankreich mehr Respekt vor Regisseuren hat als in den USA.

profil: Beziehen Sie nicht auch Energie aus offener Kritik?Verhoeven: Man lernt wohl, es zu akzeptieren. Aber ich freue mich keineswegs über Antipathie. Schon die wilden Verrisse für "Spetters“ 1980 in meiner Heimat schlugen mich regelrecht nieder. Der Film wurde ein Skandal.

profil: 1995 passierte Ihnen das mit "Showgirls“ wieder.Verhoeven: Genau. Hätte man mir Gelegenheit gegeben, die Zeit zurückzudrehen, und dann gefragt, ob ich die Erfahrung "Showgirls“ noch einmal machen möchte, ich hätte diesen Film um nichts in der Welt mehr gedreht.

Paul Verhoeven, 78,geboren in Amsterdam, machte als Regisseur erstmals Ende der 1960er-Jahre von sich reden, als er mit dem jungen Rutger Hauer die TV-Serie "Floris von Rosemund“ drehte. Hauer spielte anschließend auch in Verhoevens "Türkische Früchte“ (1973), in "Das Mädchen Keetje Tippel“ (1975) und "Der Soldat von Oranien“ (1977). "Flesh and Blood“ wurde 1985, nach einem Zerwürfnis, die letzte gemeinsame Arbeit. Danach startete Verhoeven mit zwei Science-Fiction-Reißern ("RoboCop“, "Total Recall“) und dem Erotikthriller "Basic Instinct“ in Hollywood durch. Seine Glückssträhne endete mit "Showgirls“ 1995 jäh. Seither arbeitet Verhoeven, obwohl er weiterhin in L. A. lebt, vorzugsweise in Europa. Nach "Black Book“ (2006) ist er mit "Elle“ nun in die Arena der globalen Arthouse-Spektakel zurückgekehrt. Mit einem Golden Globe wurde "Elle“ unlängst als bester fremdsprachiger Film geehrt.

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Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.

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